30. Oktober: The Roof Of Africa (1/7)
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Wir haben schlecht geschlafen in dem weichen, viel zu warmen Bett unseres gut geheizten Rondavels. Herbert ist der Erste, der es nicht mehr aushält, und in die Dusche verschwindet. Draußen herrschen winterliche Temperaturen, die Windschutzscheibe unseres Fahrzeugs ist mit Eis überzogen. Das Frühstück ist reichlich, auf einem kleinen Feuer köchelt sogar ein Potje mit Milliepap, dem Volksgericht, doch wir verzichten, halten uns lieber an die Pfannkuchen.
Kurzfristig entschließen wir uns, nicht direkt nach Thaba Tseka zu fahren, sondern einen Umweg über das Dach Afrikas zu machen, der einen Tag länger dauert. Bis Mokhotlong gibt es eine nagelneue Asphaltstraße, an der Arbeiter noch Feinarbeiten erledigen. Ihre asiatischen Gesichtszüge identifizieren sie als Chinesen. Ob den Basotho, den Menschen in Lesotho, klar ist, dass die Chinesen im Monopolispielen nicht zu schlagen sind?
In Lesotho ist der Weg das Ziel. Unser Fahrzeug passt seine Geschwindigkeit der dünnen Höhenluft an, oftmals scheint ihm die Puste auszugehen. Wir kommen nur langsam voran und haben viel Zeit, diese exotische Welt, durch die wir fahren, mit Staunen zu betrachten.
Wir lernen eine extrem hohe Gebirgswelt kennen, die Lesotho den Beinamen „Dach von Afrika“ verpasst hat. Die Straßen führen uns mehrmals steil bergan bis auf 3250 m.ü.NN. und wieder bergab, Kurven tauchen unvermittelt hinter einer Felsnase auf und haben einen engen Radius. Es geht durch abgeschiedene Bergdörfer, in denen sich die Menschen gegen die Kälte in Wolldecken wickeln und Skimützen tragen, die nur die Augen frei lassen. Sie sind von Bankräubern kaum zu unterscheiden. In den tieferen Lagen, etwa ab 2000 Höhenmeter, wird Ackerbau betrieben, indem zwei oder vier Ochsen vor den Pflug gespannt werden. Traktoren sind eine Seltenheit, hätten an den Steilhängen auch keine Chance. Höher hinauf bewachen Hirten ihre Schafe, Ziegen und manchmal Kühe, die bis in schwindelerregende Höhen ihr Futter suchen. In dieser lebensfeindlichen Welt sind Pferde, Mulis oder Esel im doppelten Sinn gängige Transportmittel und Lastenträger. Frauen und Mädchen sind zu Fuß unterwegs, tragen schwere Lasten auf dem Kopf. Meist sind sie es, die das Wasser in Kübeln von weit her holen müssen.