29. Oktober: Der Drache zeigt uns seine Zähne (1/1)
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Noch liegt Nebel in den Talsenken, und die Drakensberge steigen schemenhaft aus dem Dunst. Es ist 6:00 Uhr morgens.
Heute endlich werden wir den spektakulären Sani Pass erklimmen, der nur mit hochgelegten Allradfahrzeugen befahren werden darf. Von Underberg bis auf den Scheitel sind siebenundfünfzig Kilometer zurückzulegen ein kurzes Stück weit auf Asphalt, dann jedoch auf trockener Lehm- oder Schotterpiste, die zeitweise Steigungen bis zu 33% aufweist und den Motor fordern wird. Die Informationen in den Foren über die Auffahrt sind unterschiedlich und reichen von „Easy!“ bis „Ganz schön haarig!“ Wir sind gespannt, ob uns die berüchtigten Haarnadelkurven am oberen Ende Schwierigkeiten machen werden, von denen einige Forenmitglieder schreiben, sie hätten vor- und zurücksetzen müssen.
Wir legen viele Pausenstopps ein, um die Bergwelt zu bewundern und zu fotografieren. Auch wenn ich mich wiederhole: Die Ausblicke rauben uns den Atem, noch nie hatten wir ein solches Panorama vor Augen. Doch der Track bleibt nicht zahm, sondern verlangt von Fahrzeug und Fahrer Höchstleistungen. Bis zum Grenzposten der Südafrikaner lässt sich die Strecke ohne großen Aufwand bewältigen. Dann wird es sportlich. Der Track ist einspurig, die Ausweichstellen werden schmaler. Unzählige Felsbrocken liegen im Weg, dicke Felsplatten heben das Fahrzeug aus den Angeln, um die Haarnadelkurven rutschen wir auf Geröll, der Motor schafft es mit letzter Kraft, sie zu umrunden. Der Toyota Hillux zeigt, was er kann, doch ein paar PS mehr würden ihm die Arbeit erleichtern und
unsere Nerven schonen. Ohne Low Gear und ersten Gang hätte er einige besonders unfreundliche Kehren nicht geschafft.
Irgendwann, als wir genug von der Kurverei und dem Geholpere haben, schaut das Dach der Grenzstation über die Bergkante, verschwindet wieder, ist nach einer weiteren Kurve gut zu sehen – und dann haben wir es geschafft. Nach fünfeinhalb Stunden Fahrzeit inklusive Fotostopps reichen wir dem Grenzer auf dem Pass unsere Pässe. Wir sind aus eigener Kraft und ohne Guide in Lesotho angekommen! Darauf dürfen wir ein bisschen stolz sein. Das Gefühl, etwas Besonderes erlebt und geschafft zu haben, lässt uns übermütig werden. Wir buchen für eine Nacht ein Rondavel mit Abendessen und Frühstück. Im Restaurant gibt es sogar einen Hot Spot von Vodacom, aber das alte Problem, uns nicht einwählen zu können, ist wieder da. Dabei wollte Herbert auf der Website von Geocaching signalisieren, dass er den Travel Bug im Cache auf dem Sani Pass abgelegt hat. Er lag nicht lange dort. Eine Deutsche, die nach Windhoek weiterreisen will, hat ihn wenig später mitgenommen. Nachdem wir auf dem Plateau eine Zeitlang spazieren gegangen sind, mehrmals über die Kante geschaut haben, um uns beim Anblick der Serpentinen in unserem Hochgefühl zu sonnen, nehmen wir unsere Luxusbehausung in Beschlag. Wir laden sämtliche Fotos und die Filme der GoPro aufs Laptop, duschen ausgiebig und lümmeln uns auf die Luxusbetten. Jetzt könnte nur noch ein grandioser Sonnenuntergang den Tag toppen.
 
       Ein Video von uns auf Youtube (Lautsprecher an und in das Bild klicken):